Streng genommen ist Joachim Hoff Schreinermeister. In seiner Werkstatt fertigt er Möbel an und Türen, Fenster und Fahrradanhänger. Design-Objekte gelegentlich, oder auch mal kleine Bauwerke, für die der Begriff Hundehütte schlichtweg eine Beleidigung wäre.
Dann wiederum kümmert er sich um einen Stuhl, der quietscht, einen Tisch, der kippelt, einen alten Bilderrahmen, der bei einem Umzug gelitten hat. Oder um Messer, die mal wieder einen sorgfältigen Schliff gebrauchen können – auch wenn das mit seinem Schreinerhandwerk eigentlich eher wenig zu tun hat. Aber er kocht halt gerne und weiß deshalb den Wert eines gut geschliffenen Messers zu schätzen.
Und so greift der Begriff Schreinermeister hier wohl zu kurz. Denn Joachim Hoff geht es offensichtlich nicht so sehr um Objekte oder Produkte. Dass sauber gearbeitet wird, zu einem fairen Preis, und pünktlich geliefert, ist für ihn selbstverständlich. Viel wichtiger sind ihm die Bedürfnisse und Befindlichkeiten seiner Kunden. Die schönen Möglichkeiten jenseits der 80-breit-40-tief-Ware, die günstig und oft auch zweckmäßig daherkommt. Aber keine Seele hat.
Lösungen für große und kleine Herausforderungen
Stattdessen macht es ihm Freude, wenn er im Rahmen seiner Arbeit Menschen kennenlernt mit ihren Wünschen, Bedürfnissen und Vorstellungen. Und dazu beitragen kann, dass aus großen und kleinen Herausforderungen Lösungen werden: ein Bücherregal für ein eigenwillig geschnittenes Zimmer; ein Schrank, hinter dem Waschmaschine und Trockner verschwinden; oder einfach nur das kleine Glücksgefühl, wenn ein an sich liebenswerter Sessel nach Jahren nicht mehr knarzt.
Wer nun meint, dass hier ein liebenswerter Onkel in seiner Garage mit Leimtöpfen und Schraubzwingen vor sich hin werkelt, sieht sich bei einem Besuch der „ÄnderungsSchreinerei“ eines Besseren belehrt. Die stattliche Halle ganz hinten links im kleinen Gewerbegebiet an der Oskar-Jäger-Straße 133-135 ist mit modernen Maschinen gut ausgestattet. Mehrere kleine Firmen arbeiten hier in Partnerschaft zusammen – weil keiner alle Maschinen gleichzeitig braucht. Weil es ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist. Und weil Gemeinschaft bereichert.
Nach Lehre und Berufseinstieg hat er als 19-jähriger das heimische Saarland verlassen, eine Zeit lang in Mainz gearbeitet. Viel Messe- und Ladenbau, Büroausstattung, gewerbliche Kunden also und damit unpersönlich und auf Dauer ermüdend. Hat eines Tages Freunde in Köln besucht, vor 31 Jahren war das, 1988. Und als er dann in Ehrenfeld an der Ecke Venloer und Gürtel stand, wusste er: Hier bin ich richtig. Seine erste Werkstatt eröffnete er in der Lichtstraße, unweit der Live Music Hall. 2007 folgte der Umzug zur heutigen Adresse. Im Internet ist er unter der Firmenbezeichnung Pro Raum zu finden.
Konsum hat oft einen faden Beigeschmack
Dass das Schreinerhandwerk für die meisten Menschen wenig greifbar ist, hat ihn schon immer gestört. Aussuchen, bezahlen, liefern lassen, aufbauen, fertig – für jemanden, der in Holz eine wertvolle Ressource und ein wertiges Material mit unendlichen Möglichkeiten sieht, hat heutiges Konsumverhalten oft einen faden Beigeschmack.
Nachhaltigkeit ist für ihn keine Verbeugung vor dem Zeitgeist, keine leere Floskel. Joachim Hoff hält es für wesentlich sinnvoller, alte, schöne Dinge zu erhalten oder wieder zu verwerten, als kurzlebigen Trends mit billig produzierter Massenware hinterherzulaufen. Er hat früh angefangen, seine Werkstatt zu vermieten und damit den Maschinenpark wesentlich effizienter zu nutzen. Als Vater von inzwischen vier Kindern hat er die Größe seines Betriebs und damit seine Arbeitszeiten Schritt für Schritt reduziert. Um mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu haben, sagt er fröhlich.
Dem schwach ausgeprägten Verständnis für den Wert des Schreinerhandwerks hätte er mit Flyern oder Broschüren, tollen Events oder ausgefuchstem Internet-Marketing begegnen können. Aber auch das hält der 53-Jährige für wenig nachhaltig. Stattdessen trifft man ihn von Mai bis Oktober an jedem zweiten Freitag auf dem Ehrenfelder Wochenmarkt am Neptunbad und samstags in Riehl.
Der Wochenmarkt – Ort der Begegnung
Ein Marktstand – von ihm konstruiert und gebaut – und eine Zusammenstellung der wichtigsten Werkzeuge, die er für seine mobile Tischlerei auf dem Wochenmarkt so braucht: Da kommen so etwa 300 Kilogramm zusammen. Gelebte Nachhaltigkeit bedeutet für ihn, dass er mit dem Fahrrad kommt, einem E-Bike neuerdings, mit maßgefertigtem Anhänger, auf dem alles Platz hat. Und so fährt er im übrigen auch zu seinen Kunden, wenn er Maß nimmt und wenn er den Schrank anliefert, die fertigen Fenster oder auch eine Treppe.
Seine Tage auf den beiden Wochenmärkten haben für ihn einen ganz besonderen Reiz. Nicht, weil es sich finanziell lohnen würde. Das tut es nicht. Sondern weil der Wochenmarkt für ihn so etwas ist wie das Herz eines Viertels. Wo sich die Menschen treffen. Wo man miteinander ins Gespräch kommt, unmittelbar, und recht schnell merkt, ob man sich versteht.
Und damit lohnt sich das Projekt sehr wohl. Und gelegentlich fällt dann auch ein Satz wie „Übrigens, es gäbe da eine Sache, bei der könnten Sie uns vielleicht helfen.“ Und das freut Joachim Hoff. Denn er kann es tatsächlich.
Und genau deshalb macht ihm seine Arbeit Spaß.
Die ÄnderungsSchreinerei
Pro Raum GmbH
Oskar-Jäger-Straße 133-135
50825 Köln
Tel: 0221 / 54 52 62
www.pro-raum.de
Email: info@pro-raum.de
Joachim Hoffs “ÄnderungsSchreinerei” zeigt, dass eine Schreinerei mehr als nur handwerkliche Fertigkeiten bieten kann. Mit einem Fokus auf individuelle Bedürfnisse, Kreativität und Nachhaltigkeit geht er über traditionelle Schreinerdienstleistungen hinaus. Sein Einsatz auf Wochenmärkten als Schreinerei-mobiler Tischler unterstreicht nicht nur seine handwerkliche Vielfalt, sondern auch seine starke Verbindung zur Gemeinschaft.
Mein Mann hat ebenfalls eine Schreinerei, achtet allerdings nicht so sehr auf Nachhaltigkeit. Daher finde ich es toll, hier solch ein tolles Beispiel zu sehen. Ich denke, ich werde das meinem Mann auch vorhalten.
Mein Vater hat in seiner Jugend eine Lehre in der örtlichen Schreinerei gemacht. Ich finde es toll, dass man ihn auf dem Ehrenfelder Wochenmarkt treffen kann und somit mehr über das Geschäft erfährt. Werden eigentlich Schreiner benutzt, um Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, zu sanieren?
So einen Mann brauch man für Möbel! Toller Tischler! Tolle Idee alles mit dem Fahrrad zu machen!
Ein toller Mann. Ein guter Artikel bitte mehr davon! Werden auch Massivholzmöbel mit dem Rad transportiert? Toll, dass das Handwerk und das Erhalten der Dinge hier gewürdigt wird!
Massivholzmöbel: Einfach mal anrufen und fragen.
Mein Sohn war in einer Tischlerei. Ich finde das Handwerk wirklich sehr schön. Toll, dass manche auch noch so agil ihrem Job nachgehen.
Wow, wie spannend ist das denn? Die Leute kommen immer wieder auf neue Ideen, genial! Ich wünschte in meiner Stadt wäre auch so ein Tischler, der genau diese Freude an der Arbeit ausstrahlt. Vielen Dank, finde den Beitrag erstklassig.
Holz ist bei Weitem das vielfältigste Material, was es im Bau gibt! Für meine Tischlerei möchte ich mir neue Maschinen für die Möbelindustrie zulegen, damit ich mit der Konkurrenz mithalten kann. Dafür wende ich mich die Tage an einen geeigneten Fachmann.
Mir wurde gesagt, dass ein Schreiner ungefähr dasselbe wie ein Tischler macht. Ich bin Tischler. Genauso wie Joachim Hoff fertige ich auch Möbel und Türen an.
Ich finde es doch klasse, was manche Menschen sich einfallen lassen. Einen solchen Schreiner, der sich auf sein Rad setzt und zu den Kunden fährt, um direkt vor Ort Korrekturen auszuführen. So eine Tischlerei ist natürlich klasse.
Von einer mobilen Tischlerei habe ich bisher nichts gehört. Das scheint aber sehr interessant zu sein. Und wenn es funktioniert, kann man das ja auch machen.
Das hat sogar ganz ausgezeichnet funktioniert, gerade wieder bei unseren Nachbarn. Herzliche Grüße nach Österreich!
Mein Onkel ist derzeit auf der Suche nach einer Tischlerei. Dabei ist es gut zu wissen, dass es auch Schreinermeister gibt, die mit dem Fahrrad kommen. Ich hoffe, dass er einen passenden Ansprechpartner finden wird.
Schön, dass der Beitrag nützlich war.
Gut, dass es solche Handwerker noch – oder wieder? – gibt. Ich werde ihn mal ansprechen, ob er unseren Fernseher geschickt in unserem alten Bücherregal verschwinden lassen kann. Wir wollen es einfach nicht austauschen …
Es hat bei uns eine Waschmaschine und einen Trockner verschwinden lassen. Ich denke, einen Fernseher schafft er auch.
Hallo Thomas , ich habe viel Freude an deiner Berichterstattung und gute Denkanstöße sind auch dabei .
Danke schön !
Lieben Gruß
Gabi
Hi Gabi,
das freut mich sehr! Schreibe gerade an der nächsten Geschichte …. 🙂
Liebe Grüße – Thomas