Zum Feierabend, am Kiosk an der Ecke, muss es natürlich ein Kölsch sein. Heutzutage wahrscheinlich ein Reissdorf, keiner weiß warum. Gaffel, Sion, Früh, Dom, Mühlen oder (hmmmmm) Päffgen: Auf „sein“ Kölsch lässt der Kölner nichts kommen. Auch wenn er es, nachgewiesen, mit verbundenen Augen vom Alt (Düsseldorf, bäh!) nicht unterscheiden kann.
Diese Peinlichkeit bleibt den Craftbeer-Anhängern bei ihren Ales, Stouts, Porters oder IPAs erspart. Weil einem hier die Hopfen- oder Malznoten mitunter regelrecht um die Ohren fliegen. Von süß bis sauer, fruchtig bis rauchig, goldblond bis pechschwarz, von dezenten drei bis strammen zehn Prozent und mehr ist hier so ziemlich alles drin. Ein Oyster Stout, nur als Beispiel, hat mit einem Kölsch, egal welchem, so viel zu tun wie – aber egal.
Experimentierfreudige Individualisten
Es hat sie immer gegeben, die kleinen Hexenküchen in Kellern und Schuppen, Hinterhöfen – oder Klöstern. Wo experimentierfreudige Individualisten an Rezepturen tüftelten, um aus nur drei bis vier Grundzutaten ein noch leckereres Gesöff zu brauen. In den USA ebnete Jimmy Carter 1978 einem regelrechten Boom den Weg, als er kleinen Privatbrauereien per Gesetz grünes Licht gab. Darüber können Europäer nur müde lächeln. Aber geschadet hat der Craftbeer-Boom unseren Boutique-Brauereien sicher nicht.
Weit weg von der klargefilterten Industrieware ist in der Welt der naturtrüben Klein- und Kleinstproduktion immer noch Alchemie im Spiel. Der Weg vom Getreide zum Malz, das dem Bier seinen Körper gibt, ist noch einigermaßen überschaubar. Schon interessanter wird die Sache beim Hopfen, einem anspruchsvollen Gewächs, das „jeden Tag seinen Herrn sehen will“. Aus mehr als 300 Sorten können Hobby- und Profibrauer wählen; ungezählte Inhaltsstoffe geben ihrem Bier die mehr oder minder fruchtige oder bittere Note.
Gänzlich spannend wird es dann aber bei den kleinen Viechern, die den Zucker in der Hopfen-Malz-Pampe in Alkohol und Kribbel umwandeln. Vornehm ausgedrückt ist die Rede von Mikroorganismen. Die schwirren entweder einfach so rum, leben in den Bottichen und Rührlöffeln oder im Gebälk, einfach überall. Oder sie werden halt als Hefe zugeführt. Wobei natürlich für den Bierbrauer Hefe nicht gleich Hefe ist und Wasser auch nicht gleich Wasser.
Craftbeer-Kunden sind wählerisch
Sabina kennt sich mit diesen Dingen aus, hat ungezählte kleine Privatbrauereien in Deutschland besucht. Und sie ist natürlich oft bei unseren Nachbarn in Belgien unterwegs, wo das Brauhandwerk Weltkulturerbe und Bier eine ernste Angelegenheit ist. Gut einhundert verschiedene Sorten hat ihr Laden ‚Hopfenrausch’ Ecke Simrock- und Stammstraße in Ehrenfeld im Angebot – ein kleiner Ausschnitt nur, aber mehr als genug für einen spannenden Ausflug in die wahre Bierwelt.
Im Gegensatz zum markentreuen Kölschtrinker sind Craftbeer-Kunden wählerisch. Sie trinken ihr Bier in der Regel nicht aus der Flasche, sondern aus einem schönen Glas – das Auge trinkt mit. Sie greifen im Winter zu anderen Sorten als im Sommer, suchen je nach Anlass etwas passendes aus – nicht gegen den Durst, sondern für den Geschmack. Oder halt als Geschenk, weil die Flaschen mit ihren oft exotischen Etiketten einfach cool aussehen. Zum Beispiel das in Seidenpapier eingeschlagene Ondineke Oilsjtersen Tripel aus dem Hause Glazen Toren. Auf ein solches Motiv muss man erstmal kommen.
Wie in jedem Weingeschäft, das etwas auf sich hält, gehören Beratung und Fachsimpelei auch im Hopfenrausch zum Einkaufserlebnis. Für alle, die es etwas gründlicher wollen, ist eine Verkostung zu empfehlen, im kleinen Kreis, unter Freunden. Geschmackliche Überraschungen sind garantiert, Termine stehen auf der Webpage.
Es ist übrigens Sabinas Bruder, der die Braustelle Ecke Venloer- und Christianstraße betreibt, Kölns kleinste Brauerei.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Hopfenrausch
Simrock- Ecke Stammstraße
Tel: 0221-99554379
www.hopfenrausch.org
E-Mail: info(at)hopfenrausch.org
Facebook @hopfenrausch
Geöffnet:
dienstags bis donnerstags: 16-19 Uhr
freitags: 14-19 Uhr
samstags: 12-18 Uhr
sonntags und montags: zu
Mehr, mehr.
Quatros canecas? 🙂
Und was ist mit Wein?
Gute Idee! Mal sehen, ob es hier irgendwo sowas gibt.